Kollektives Handeln in politischer und moralischer Unsicherheit Verständnis moralischer Grundlagen von Vorbildern und Tätern im Zweiten Weltkrieg
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Abstract
Die Herausforderungen komplexer globaler Krisen wie im Nahen Osten oder im Krieg zwischen Russland und der Ukraine erfordern schwierige moralische Entscheidungen. Während Forschungen belegen, dass moralische Werte wie Fürsorge und Fairness prosoziales kollektives Handeln fördern, scheinen sich Werte im Kontext gewalttätiger Konflikte hin zu Loyalität und Autorität zu verschieben. Empirische Studien zu realen Entscheidungen mit hohem persönlichem Risiko im Kontext von tatsächlichem Verhalten fehlen jedoch. Um besser zu verstehen, wie moralische Grundlagen die Unterstützung für kollektives Handeln in gewaltgeprägten Kontexten fördern, untersuchen wir moralische Extrembeispiele während des Zweiten Weltkriegs, der niederländischen jüdischen Friedensaktivistin Etty Hillesum, des christlichen Dissidenten Dietrich Bonhoeffer und des Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz, Rudolf Höß, mittels computergestützter Sprachanalyse autobiografischer Dokumente.
Die Ergebnisse zeigen, dass alle untersuchten Personen gewisse Verschiebungen ihrer moralischen Grundlagen berichten. Während Vorbilder Wege finden, um diese Veränderungen auszugleichen, zeigt der Täter-Narrativ erheblich stärkere Verwerfungen. Moralverschiebungen scheinen zwar kollektives Handeln in schwierigen zwischenmenschlichen Situationen zu erklären, es gibt jedoch ausgeprägte individuelle Nuancen, um die Folgen moralischer Verschiebungen abzuwenden. Theoretische und angewandte Implikationen für kollektives Handeln unter politischer und moralischer Unsicherheit werden diskutiert.
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